Schorf ist laut Wikipedia "an oberflächlichen Wunden geronnene Wundflüssigkeit". Ist damit schon alles gesagt? Wohl nicht. Urs Böke hat einen Prosatext vorgelegt, den nur jemand vorlegen kann, der sonst "nur" Gedichte schreibt, die einen wie Geschosse aus dunkeln Winkeln unerwartet erwischen. Hier gibts kein Geschwafel und unnötiges Zur-Schau-Stellen. Hier hat jeder Satz eine Masse-verschlingende Gravitation, aber so weit müssen wir gar nicht gehen. Das Ding überzeugt vom ersten Satz an. Es lauern nihilistische Bomben und alles-herausfordernde Minenfelder. Zieht eure Schutzwesten an. Helfen werden sie wenig, aber zumindest könntet ihr behaupten, ihr wärt vorbereitet gewesen. SCHORF, Urs Böke. In Deckung!

Kai Kraus/ Kettenhund - Magazin für Literatur

Bökes erste Prosaversuch - eine Art Kurzbiographie: nihilistisch, schwermütig, düster. Kurze, knappe Sätze, die in die Magengrube treffen. Hier schreibt jemand, der weiß, dass es nur eines gibt in der Scheinwelt namens Demokratie: Überleben und dagegen Anschreiben.

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Urs Böke hat sich den Schorf abgekratzt und mir einen Teil davon geschickt. Spontan fiel mir das nach der Lektüre ein:
Schorf legt auch in, für Böke, epischer Länge die eigenen Wunden und die Wunden, die man nicht sehen soll, nicht sehen darf, offen. Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagt man im Allgemeinen, doch was ist, wenn der Betrachter nichts Schönes sieht? Nichts sehen will? Ist der Betrachter dann zynisch oder tatsächlich nur ehrlich und nicht Realitätsfern?
Die Absurdität und Sinnlosigkeit im alltäglichen Leben steckt in den Zeilen dieses schmalen Heftes und gibt dir beim lesen Backpfeifen, die bekanntlich das Denkvermögen anregen. Und egal wie man sie einsetzt, die Wirkung von Schmerzmitteln sind endlich. Leider.
Die Zusammenfassung liegt bei in Form einer Postkarte mit dem „Hidden Poem vom Suchen & Finden“. Und warum mir jetzt „Hören mit Schmerzen“ von den Neubauten einfällt, weiß ich auch nicht.

Jerk Götterwind

Ich hab SCHORF! Seit 7 Wochen. Und Böke ist schuld!
In der Zeit habe ich es mehrmals lesen müssen. Nicht, weil ich nix kapierte, sondern weil es mich beeindruckte und noch immer beeindruckt. Nachhaltig.
Sätze wie: "Mein Staunen brach ab, noch bevor die Kindheit zu Ende ging." trommeln auch nach der Lektüre im Hirn weiter.
Oder: "Steinbeck ist da und Houellebecq und zig Deutsche, die fast keiner kennt. Eine Armee der Idioten, eine Armee der Kraftausdrücke. Wenige nur, deren Worte berühren."
Womit die Masse der heutigen deutschen Dichterszene treffend beschrieben ist. Zu denen, deren Worte berühren, gehört Böke zweifellos. Einer der wenigen, hierzulande.

Ron Hard